
Gründung: | 2014 |
Kauf: | 20.11.2017 |
Grundstück: | 234 m² |
Gewerbefläche: | 93 m² |
Wohnfläche: | 1.535 m² |
Personen: | 42 |
Kosten: | 3.614.033 € |
Miete: | 8,20 €/m² |
Wohnen in Frankfurt
In den letzten Jahren ist der Wohnungsmarkt in vielen Städten immer angespannter geworden. Die Mieten steigen beständig und nehmen einen immer großer werdenden Teil der Lebenshaltungskosten ein. In Innenstadtnähe gibt es in den Ballungsgebieten mittlerweile kaum noch bezahlbaren Wohnraum, während politische Einflussnahmen entweder nicht gewollt sind oder versanden, wie die Mietpreisbremse. Deshalb sehen wir in Formen gemeinschaftlichen Wohnens eine sinnvolle Alternative: Dauerhaft bezahlbarer Wohnraum kann nur gemeinschaftlich und nur jenseits des Wohn- und Immobilienmarktes geschaffen werden. Nur so kann verhindert werden, dass Wohnraum zum Anlage- und Spekulationsobjekt wird. Das Mietshauser-Syndikat bietet dafür den Rahmen und die notwendige Erfahrung.
Hausprojekt NiKa
Wir sind eine Gruppe von zurzeit dreißig Erwachsenen und vier Kindern. Einige von uns waren bereits an dem Versuch beteiligt, im Philosophicum in Frankfurt-Bockenheim ein Hausprojekt im Rahmen des Syndikats zu schaffen. Der Versuch scheiterte im Sommer 2014, als das Haus an einen privaten Investor verkauft wurde. Unser darauf folgender Versuch, in Offenbach ein größeres Haus zu kaufen, scheiterte daran, dass der Eigentümer nicht verkaufen wollte. Im Sommer 2016 haben wir schließlich eine Ausschreibung der Stadt Frankfurt gewonnen, die – wie in einigen anderen Städten auch üblich – beginnt, Grundstücke und zu sanierende Häuser explizit für gemeinschaftliches Wohnen auszuschreiben.
Damit haben wir die Möglichkeit bekommen, im Sommer 2017 ein Bürogebäude im Frankfurter Bahnhofsviertel zu kaufen und das zugehörige Grundstück Niddastraße 57 in Erbpacht zu übernehmen. Unterschrieben ist bereits eine Anhandgabevereinbarung.
Wer sind wir?
Wir sind Handwerker*innen und Angestellte, Beschäftigte in sozialen und technischen Berufen, Studierende und Wissenschaftler* innen, Künstler*innen, Familien und Alleinerziehende, von 0 bis 64 Jahren. Einige von uns kennen sich seit Jahrzehnten, aus der Uni, aus politischen Zusammenhängen oder als Mitbewohner*innen, andere lernen sich erst in unserem Projekt kennen.
Der Austausch innerhalb der Gruppe geschieht über wöchentliche Plena und die kontinuierliche Kommunikation über eine Mailingliste. So sollen gleichermaßen Transparenz im Projekt sowie unbürokratische und demokratische Entscheidungsstrukturen gewährleistet werden. Um die Entscheidungen des Plenums vorzubereiten und die konkreten Aufgaben der Umsetzung zu bewältigen, haben wir uns in vier Arbeitsgruppen organisiert: Architektur, Finanzen, Öffentlichkeitsarbeit und Selbstverständnis.
Was planen wir?
Wir wollen das Bürogebäude von 1957 umwandeln in ein selbstverwaltetes und unverkäufliches Wohnhaus mit dauerhaft bezahlbaren Mieten – also ein weiteres Projekt im Mietshäuser Syndikat schaffen.
Auf sechs Etagen planen wir Wohnraum für jeweils sieben Bewohner*innen, die in ein bis zwei Haushalten pro Etage leben, insgesamt also 42 Bewohner*innen in ca. zehn Wohneinheiten. Jede Wohneinheit verfügt über eine Küche und ein bis zwei Bäder. Durch das weitgehende Fehlen von tragenden Wänden bieten sich Chancen, den unterschiedlichen Anforderungen größerer und kleinerer Familien sowie Wohngemeinschaften gerecht zu werden und von den Nutzer*innen mitgestaltet werden zu können. Mit der Einrichtung von großen Wohneinheiten schaffen wir Wohnraum, für den der Frankfurter Mietwohnungsmarkt trotz des großen Bedarfs kaum Angebote liefert. Bei Bedarf können die zwei Haushalte einer Etage auch durch einen Durchgang zu einer Wohneinheit zusammengelegt werden.
Jedem*r Bewohner*in werden durchschnittlich 35 m2 Nutzfläche zur Verfügung stehen. Annähernd gleich große Räume bieten eine große Variabilität in der Nutzung und verhindern eine Aufrechnung nach Zimmergröße. Das gibt auch Raum für Modelle, mit denen die Mietkostengestaltung solidarisch angegangen werden kann. Die Mieten könnten beispielsweise einkommensabhängig gestaffelt werden. Die Mieten für Kinderzimmer sollen auf die gesamte Hausgemeinschaft umgelegt werden.
Im siebten Stockwerk planen wir neben Büro und Sport-/Toberaum einen großen Wohn- und Essbereich mit Gemeinschaftsküche für alle Bewohner*innen. Darüber ist eine große Dachterrasse geplant, die das fehlende Grün in den umliegenden Straßen ausgleichen soll.
Einen Bereich des Erdgeschosses wollen wir an einen externen Träger vermieten, der dort ein Spielcafé für Kinder und Eltern aus dem Haus und dem Viertel betreiben wird. Ein weiterer Teil soll an einen sozialen Träger für Beratungstätigkeiten, aber auch Informationsabende vermietet werden; eventuell zusammenhängend mit dem Spielcafé. Außerdem ist ein Raum für künstlerisches Arbeiten sowie Veranstaltungen vorgesehen. Alle drei Nutzungsformen des Erdgeschosses zielen darauf, einen lebendigen Austausch mit dem Bahnhofsviertel zu ermöglichen.
Das Frankfurter Bahnhofsviertel
Das Bahnhofsviertel hatte bis vor kurzem nicht viele Bewohner*innen. Erst in den letzten Jahren haben hier die bekannten Gentrifizierungsprozesse stattgefunden und zuletzt galt das Viertel bei Neuvermietungen als teuerstes Pflaster der Stadt. Daneben ist es immer noch stark migrantisch geprägt, beheimat gleichzeitig Rotlichtmilieu und Drogenszene, die im Winter 2016/2017 allerdings wieder stark unter Repressionsdruck gerät.
Für uns ist die kulturelle Vielfalt und Heterogenität des Quartiers Merkmal urbaner Lebensqualität. Einige unserer Mitglieder wohnen bereits hier und schätzen die besondere Atmosphäre des Viertels. Unser Hausprojekt soll keine Insel sein, sondern wird sich aktiv in Nachbarschaft und Quartier einbringen, beispielsweise durch die geplanten Erdgeschossnutzungen,
aber auch mit anderen Aktivitäten. Durch die Schaffung von in erster Linie hochpreisigen (Eigentums-) Wohnungen droht die lebendige und vielfältige Mischung der Bevölkerung des Bahnhofsviertels in Richtung einer sozialen Polarisierung zwischen Arm und Reich zu kippen. Wir wollen mit unserem Wohnprojekt dazu beitragen, die Attraktivität des Viertels auch als bezahlbaren Wohnort für Menschen mit niedrigen und mittleren Einkommen zu erhalten.
Eine Herausforderung, die wir annehmen, liegt darin, das Projekt trotz des Straßenverkehrs, des Mangels an Grünflächen und der Nähe zu Prostitution und Drogenszene familien- und kinderfreundlich zu gestalten.