Es kam nicht, wie es kommen sollte

Aktion Mietersolidarität

Mitentscheidend für die Bereitschaft des Projektes, sich auf das Solidarfondskonzept einzulassen, ist auch eine starke ideelle Prägung des Projekts durch die Aktion Mietersolidarität, eine Freiburger Spezialität des Miet- und Häuserkampfes.

In der Aktion Mietersolidarität haben wir und andere versucht, die unterschiedlichen Situation von Menschen im Mietshausbereich auf einen politischen Nenner zu bringen und gemeinsam Widerstand zu organisieren: besetzte Häuser; Häuser und Wohnungen, deren MieterInnen durch Abriss, Kündigung, Sanierung oder Mieterhöhung bedroht sind; Initiativen von Haus- und Wohnungssuchenden; und selbstorganisierte Mietshausprojekte. Ausgehend von der Hausbesetzung des Schloßbergrings („Aktion Weihnachtswunsch“ 1984) rechnen sich in den Aufbruchsjahren 85/86 mehr als 20 Häuser zur Aktion Mietersolidarität. Aber mit der systematischen Räumung fast aller besetzten Häuser im Sommer 87 erleidet die Aktion Mietersolidarität eine schwere Niederlage, von der sie sich in den folgenden Jahren nicht mehr richtig erholt. Das Grether übersteht das Desaster, und schließt im Herbst 87 den oben erwähnten Erbbauvertrag ab.

Das universalistische Element

Die Idee der Aktion Mietersolidarität als ein offener, hausübergreifender Solidarzusammenschluss aber lebt weiter und verbindet sich mit der neuen Solidarfondsidee.
Aus der Aktion Mietersolidarität stammt das universalistische Element des späteren Mietshäuser Syndikats: „Der Verein Mietshäuser Syndikat ist ein Solidarzusammenschluss im Mietshausbereich. Es ist gemeinsames Ziel aller Vereinsmitglieder, die Entstehung selbst- organisierter Mietshausprojekte zu unterstützen und politisch durchzusetzen: Menschenwürdiger Wohnraum, das Dach überm Kopf, für alle.“ So das Statut, das 1992 zum ersten Mal schriftlich abgefasst wird (mit dem Pathos der 80er Jahre). Das Syndikat ist also keine geschlossene Veranstaltung, sondern prinzipiell offen für neue Hausinitiativen: „Mitglied können insbesondere Projektinitiativen und Hausvereine werden, die mit dem Syndikat ein neues Mietshausprojekt verwirklichen wollen, zum Beispiel Wohnungssuchende oder MieterInnen, die sich gegen Rausschmiß wehren (bei Abriß, Hausverkauf…).“

Ökonomie und Identitäten

Die Solidarfondsidee wiederum steuert zur ideellen Zielsetzung der Aktion Mietersolidarität die ökonomische Dimension und Verbindlichkeit mit bei: Es geht um richtiges Geld, Häuser, Grundstücke und um deren Organisation. Doch sind sehr unterschiedliche Hausprojekte beteiligt, mit sehr unterschiedlichen Menschen und Ideen, wirtschaftlichen Voraussetzungen und Notwendigkeiten, mit unterschiedlichen Prägungen durch die Situation vor Ort, durch die eigene Gruppengeschichte und Selbstverwaltungskultur: Projekte also mit ausgeprägter eigener Identität. Sie alle müssen zwar nicht auf einen Nenner gebracht werden (eine schreckliche Vorstellung), aber sie müssen sich auf einen gemeinsamen Berührungspunkt einlassen, das Solidarfondsprinzip.
Spätestens hier stellt sich die abschreckende Frage nach der Organisationsform. Schon beim einzelnen Hausprojekt ist sie nicht einfach zu finden und hervorragend geeignet, als Projektionsfläche für verschiedene Vorlieben und Weltbilder zu dienen. Außerdem soll die Organisation einfach sein und auch – oder gerade – unter kapitalistischen Bedingungen dauerhaft funktionieren. Welche Rechtsform hat denn ein „Solidarzusammenschluss“? Welche ein „Solidarfondsvermögen“? Nach welchen Regeln soll der „Solidartransfer“ von statten gehen? Welche Voraussetzungen müssen die Hausprojekte erfüllen?
Das Programm der Schwarzen-Loch-Gruppe, die mittlerweile Solidarfondsgruppe heißt, ist klar: Die Suche nach einer passenden Organisationsform. Sie sollte wieder Jahre dauern. Trotz dieser virtuellen Dauerbaustelle wird die Solidarfonds-Perspektive schnell zum festen Bestandteil der Diskussionen und der Außendarstellung des Projekts. Leicht zu vermitteln ist sie aber nicht, sondern wird vom Umfeld eher als exotische Eigenheit der Grethers in Kauf genommen. Das Schwarze Loch aber füllt sich mit den erhofften Direktkrediten auf, es wird weiter gebaut.